Der Straßheim-Platz
– ein grüner Treffpunkt für alle
Der Name dieses gemeinsamen Platzes erinnert an den erfolgreichen Bauunternehmer Conrad Peter Straßheim (1850-1923). Der mittellose Waisenjunge aus dem oberhessischen Griedel ging zunächst in einem Straßenbaugeschäft in die Lehre, bevor er sich als Bauunternehmer in Frankfurt selbstständig machte.
C.P.Straßheims Leidenschaft jedoch, galt dem Züchten von Rosen. Die von Straßheim 1897 organisierte Rosenausstellung im Palmengarten fand weltweite Beachtung. Für seine Züchtungen erhielt Straßheim zahlreiche Preise, Diplome und Medaillen. Mit hundert Sorten seiner Wildrosen beschickte Straßheim die legendäre Weltausstellung 1900 in Paris.
Als Straßheim 1905 seinen Familiensitz nach Buchschlag legte, war er bereits zum zweiten Mal verheiratet. Seiner 26 Jahre jüngeren Frau Karoline – eine geborene Fey – zu Ehren nannte er das neu errichtete Wohnhaus „Villa Lina“, in dem sich der Sitz und das Archiv des Geschichtsvereins befindet. Straßheim erschuf hier einen großen Privatgarten und gründete den Buchschlager Gartenbauverein.
In seinem Rosengarten in Buchschlag durfte niemand außer ihm eine Rose abschneiden. Hier entstanden einige seiner Neuzüchtungen. Die Sorten „Frau Lina Straßheim“ und „Greta Fey“ sind die einzigen Straßheim-Züchtungen, die sich in die Neuzeit hinüberretten konnten. (vgl. ROSENBOGEN 3/2005).
Der Schneckenbrunnen
Kaum ein Bauwerk in Buchschlag hat in wenigen Jahrzehnten eine solch wechselvolle Geschichte hinter sich gebracht wie der „Schneckenbrunnen“ an der Ecke Forstweg/Hirschgraben mitten in Alt-Buchschlag.
Die Geschichte dieses modernen Kunstwerkes inmitten alter Villen beginnt schon 13 Jahre vor seiner Entstehung. Im Jahr 1968 brannte das alte Rathaus aus. Der Magistrat unter dem damaligen Bürgermeister Hans Meudt beschloss, das ehrwürdige Gebäude nicht wieder auf zu bauen, sondern stattdessen als Versammlungsstätte einen modernen Bürgersaal in innovativer Fertigbauweise zu errichten. 1974 wurde er eingeweiht.
Die Buchschlager Bürger wollten den Platz vor dem Bürgersaal mitgestalten. Der kulturelle Förderkreis beauftragte den Offenbacher Künstler Bernd Rosenheim mit dem Entwurf und Bau eines Brunnens. Der Künstler war durch seine Edelstahl-Plastiken vor öffentlichen Gebäuden in Wiesbaden und Offenbach bekannt. Rund zwei Drittel der Kosten für das Bauwerk brachten die Bürger Buchschlags selbst auf, das letzte Drittel übernahm die neu gegründete Stadt Dreieich. Im Beisein des Künstlers wurde der Brunnen im Januar 1981 feierlich eingeweiht.
Doch nur 25 Jahre später wurde der neue Bürgersaal zum Problemfall. Das Gebäude wies erhebliche Mängel auf, vor allem weil Asbest verbaut worden war. Die Stadt Dreieich entschloss sich zum Abriss. Wieder verloren die Buchschlager ihren einzigen öffentlichen Versammlungsort – diesmal allerdings ersatzlos. Die Stadt plante, das Bürgersaal-Areal zu parzellieren und an private Bauherren zu verkaufen. Der Brunnen war plötzlich im Weg. Und er bot auch keinen schönen Anblick mehr: das Mosaik fleckig und schadhaft, die Pumpe außer Betrieb – die Stadt wollte den „Schandfleck“ so rasch wie möglich beseitigen. Doch sie hatte die Rechnung ohne die Buchschlager gemacht.
Die drei Buchschlager Vereine – Bürgerverein, kultureller Förderkreis und Geschichtsverein – organisierten eine Bürgerversammlung. Bei dem legendären Treffen am 21. Januar 2010 platzte die evangelische Kirche als Veranstaltungsort aus allen Nähten, so groß war der Andrang. Die Abgesandten der Stadt, allen voran Bürgermeister Dieter Zimmer, merkten schnell, dass sich die Buchschlager tatkräftig gegen „den drohenden Ausverkauf“ ihrer öffentlichen Plätze wehren würden. Tatsächlich bot die Stadt den drei Vereinen an, das Brunnenareal von der Bebauung auszunehmen. Aber nur unter der Bedingung, dass die Vereine den Brunnen auf eigene Kosten sanieren und die Verantwortung für Brunnen und Grundstück für die nächsten 30 Jahre übernehmen würden. Nach langen Detailverhandlungen stimmten beide Seiten schließlich zu. Die Vereine gründeten die „Schneckenbrunnen GbR“.
Großzügig spendeten die Bürger nun für ihren Brunnen. Bedeutende Zuwendungen kamen auch von den Vereinen, von Parteien und Firmen. Nachhaltige Sponsoren sind die Stadtwerke Dreieich (seit 2014) und die Volksbank Dreieich. So konnte das Bauwerk innerhalb der im Vertrag vereinbarten Frist kosten- und fachgerecht saniert werden. Eine beeindruckende Leistung, möglich nur durch das große Engagement einiger Vereinsmitglieder, die unermüdlich für den Brunnen kämpften.
Der Frankfurter Landschaftsarchitekt Dr. Hans Dorn erhielt nun den Auftrag, das Grundstück rund um den Brunnen als Rosengarten zu gestalten. Bei der feierlichen Einweihung der Anlage am 10. Oktober 2012 pflanzte Dorn eine Rose der Sorte „Lina Straßheim“, ein Geschenk der Enkel des berühmten Züchters. Heute ist der „Straßheim-Garten“ rund um den sprudelnden Brunnen wieder ein zentraler Treffpunkt. Mütter rasten auf den weißen Bänken, die ebenfalls von Bürgern gespendet wurden, Kinder spielen auf dem Rasen zwischen den Rosenbögen. Denn: „Akzentuierung des Stadtraums ist für alle Lebensalter ein wichtiges Erlebnis.“ (Alexander Mitscherlich, 1971)
Im September 2013 widmete sich eine Veranstaltung im Rahmen des „Tages des Offenen Denkmals“ dem Brunnen. Als Referenten konnte der Geschichtsverein den Ressortchefs der Rhein-Main-Zeitung der F.A.Z., Dr. Matthias Alexander, gewinnen. Der Journalist und ausgewiesene Architekturkenner würdigte den Brunnen in seiner Rede als Symbol für ein einzigartiges bürgerliches Engagement: „Bei der Rettung des Brunnens haben wir den Fall eines privaten Denkmalschutzes vorliegen. (…) Ein solches privates Engagement für eine öffentliche Anlage ist äußerst selten. Aber dass eine lokale Initiative nicht nur die politische Willensbildung vorantreibt, sondern auch finanzielle und organisatorische Verantwortung übernimmt und das über einen langen Zeitraum, das kommt selten vor.
Der Künstler Bernd Rosenheim hatte schon recht, als er vor zwei Jahren bei der Wiederinbetriebnahme des Brunnens sagte: ‚Was Sie gemacht haben, ist einmalig in Deutschland‘.“