Denkmalschutz | Historie Buchschlag
Seit 1979 steht die Villenkolonie Buchschlag unter Denkmalschutz. Damit war sie nach der Verabschiedung des hessischen Denkmalschutzgesetzes 1974 eine der ersten Gesamtanlagen, die unter Ensembleschutz gestellt wurden. Gleichzeitig erhielten 93 Gebäude den Status Kulturdenkmal. 2014 erfolgte, nicht zuletzt dank der Intervention des Geschichtsvereins, eine Erweiterung um weitere sieben Gebäude und eine Ausweitung des Ensembleschutzes. Ein kulturelles Erbe, das verpflichtet.
Der anspruchsvolle Bebauungsplan der Villenkolonie ebenso wie die Gestaltung der Landhäuser unterlag einem strengen Gestaltungsplan, dessen Einhaltung vom Großherzogtum Hessen Darmstadt überwacht wurde. Die Ideen der Gartenstadt und Lebensreform um 1900 beeinflussten das Erscheinungsbild der Siedlung, die geradezu städtebaulichen Modellcharakter für das Zusammenspiel von privater und öffentlicher Hand besitzt. Dieses gilt es für die Zukunft zu erhalten.
Seit vielen Jahren versucht der Geschichtsverein einen Beitrag zu leisten, regelmäßig finden Veranstaltungen am „Tag des offenen Denkmals“ statt und es gibt Vorträge und Führungen, die auf die besondere Architektur der Landhäuser und auf unser städtebauliches Erbe hinweisen.
Historie Buchschlag
Die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert steht in Deutschland im Zeichen einer rasanten Industrialisierung, die sich vor allem in den Städten vollzieht. Dort drängen sich immer mehr Menschen. Nicht nur die wachsende Arbeiterschicht, sondern auch die bürgerliche Schicht leidet unter den Verhältnissen in den modernen Metropolen. Ihre Sehnsucht gilt einem gesunden Leben in einer unverfälschten, reinen Natur. In der Lebensreform-Bewegung findet diese Sehnsucht vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten.
Der Frankfurter Kaufmann und Sozialreformer Jakob Latscha steht als Persönlichkeit repräsentativ für den neuen Zeitgeist. Mit der Eisenbahn fuhr Latscha oft in den Forst zwischen Neu-Isenburg und Sprendlingen und begann hier Gottesdienste in freier Natur abzuhalten. Die Idee für die Villenkolonie Buchschlag entstand hier und er baute eine Halle für Gottesdienste, später dann eine größere Restauration, die sich zum beliebten Ausflugsziel der Frankfurter entwickelte.
Um seine Vision vom gesunden, genossenschaftlich organisierten Landleben zu verwirklichen, gründete Jakob Latscha 1904 eine Wohnungsgesellschaft. Ihre Mitglieder sollten großzügige Parzellen Land zu günstigen Preisen kaufen, um darauf Ein- und Zweifamilienhäuser zu bauen. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt, zu dessen Domänenverwaltung das Gebiet seit dem Jahr 1600 gehörte, gab dem Projekt allerhöchste Ermächtigung.
Am 1. Juli 1904 wurde der Gründungsvertrag unterschrieben. Doch der Kaufmann aus Frankfurt und die großherzoglichen Ministerien verfolgten unterschiedliche Ziele. Während Latscha Familien aus der Schicht der kleinen Beamten, Angestellten und Handwerker ein gesundes Leben finanziell erschwinglich machen wollte, sah Ernst Ludwigs Ministerialverwaltung in der neu geplanten Siedlung die Chance, zeitgemäße bauästhetische Ideale zu verwirklichen: Auf Vorschlag der Ministerialabteilung für Forst- und Kameraverwaltung beauftragte die Buchschlag-Gesellschaft den Darmstädter Architekten Friedrich Pützer mit dem Bebauungsplan, der Grundzüge von großbürgerlichen Villenvierteln mit Einflüssen der englischen Gartenstadtbewegung mischte. So beschränkte sich die Planung der Gesamtanlage nicht nur auf die Häuser, sondern bezog ausdrücklich die Gärten, Straßen und öffentlichen Plätze mit ein. Grundidee war, dass sich die Siedlung vom Zuschnitt der Grundstücke bis zum Verlauf der Straßen an die umgebende Natur und Landschaftsform anpassen sollte. Der Gestaltung unterlagen Dachformen, Fenster, Türen, Baumaterialien und Farben. Im Jahr 1913 waren die meisten Parzellen bebaut, in Buchschlag lebten rund 600 Menschen und der Schriftsteller Rudolf Georg Binding wurde Buchschlags erster Bürgermeister.
Nach schwierigen Gründungsjahren teilte Buchschlag die bewegte Geschichte des 20. Jahrhunderts. Zwei Besatzungszeiten – die zwölf Jahre andauernde französische nach dem 1. Weltkrieg und die neunjährige amerikanische nach dem 2. Weltkrieg – bestimmten das Schicksal der hier ansässigen Familien. Politische und wirtschaftliche Wechselbäder hinterließen ihre Spuren. Die seit 1913 eigenständige Gemeinde Buchschlag wurde 1977 im Zuge der Gebietsreform mit Sprendlingen, Dreieichenhain, Götzenhain und Offenthal zur neuen Stadt Dreieich vereint und verlor ihre Autonomie. Heute zählt sie als kleinster und jüngster Dreieicher Stadtteil rund 3.000 Einwohner.